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1926

Putsch in Polen

Mitte der 1920er Jahre befindet sich die Zweite Polnische Republik in der Krise. Mit nicht weniger als 32 Parteien im Seym, dem polnischen Abgeordnetenhaus, ist das politische System stark zersplittert. Die junge Demokratie wird durch innenpolitische Machtkämpfe und diverse Korruptionsaffären geschwächt. Zahlreiche kurzlebige Regierungskoalitionen sind nicht in der Lage, die nötige Stabilität zur Bewältigung der politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen aufzubringen. Zudem gibt es erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten: Seit 1925 tobt ein Handelskrieg mit Deutschland, die Arbeitslosenzahlen steigen, es droht eine Haushaltskrise.

In dieser Situation führt Józef Piłsudski Mitte Mai 1926 einen Staatsstreich durch. Der ehemalige Militär und Staatschef kann sich dabei auf die Loyalität der Armee verlassen und genießt auch in der Bevölkerung großen Rückhalt. Obwohl Piłsudski nach der Machtübernahme einem seiner Anhänger das Amt des Staatspräsidenten überlässt und er die bisherige Verfassung formal beibehält, bleibt er der „starke Mann“ im Staat. Mit der Parole der „sanacja moralna“ (dt.: moralische Gesundung) des Staates wird die parlamentarische Demokratie ausgehöhlt und schrittweise ein autoritäres Regime errichtet. Die Verfolgung politischer Gegner nimmt zu, auch die ukrainischen und weißrussischen Minderheiten werden unterdrückt. Kurz vor Piłsudskis Tod 1935 wird eine neue auf ihn zugeschnittene Verfassung verabschiedet, die dem Staatspräsidenten weitgehende Vollmachten einräumt und den Übergang zur Diktatur markiert.

Polen ist damit einer von vielen Staaten Mittel- und Osteuropas, in denen im Laufe der 1920er und 1930er Jahre die junge parlamentarische Demokratie der Errichtung eines autoritären Regimes zum Opfer fällt.

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