Zwischen 1919 und 1934 regiert in Wien die Sozialdemokratische Arbeiterpartei mit absoluter Mehrheit. In dieser Zeit wird die österreichische Hauptstadt als „Rotes Wien“ bezeichnet. Neben zahlreichen Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen und dem Ausbau der städtischen Infrastruktur forciert die Kommune den sozialen Wohnungsbau, um den Wohnungsmangel der Nachkriegszeit zu bekämpfen. Es entstehen bis 1934 Wohnsiedlungen mit insgesamt 60.000 Sozialwohnungen – teilweise in sogenannten „Superblocks“. Diese riesigen Wohnanlagen verfügen auch über zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen wie z. B. Kindergärten und Arztpraxen.
Die bekannteste Siedlung unter ihnen ist der von 1927 bis 1930 nach Entwürfen von Karl Ehn erbaute Karl-Marx-Hof. Dieser wird am 12. Oktober 1930 mit 1.382 Wohnungen für etwa 5.000 Bewohner eröffnet. Auf dem Gelände befinden sich außerdem Wasch- und Badeanlagen, diverse Einrichtungen für die ärztliche Versorgung der Bewohner und die Kinder- und Jugendbetreuung, eine Mutterberatungsstelle sowie Lokale und Versammlungsräume.
Während der bürgerkriegsähnlichen Kämpfe im Februar 1934 ist der Karl-Marx-Hof ein Zentrum des vergeblichen Widerstandes des paramilitärischen Arms der Sozialdemokraten gegen die Einrichtung eines autoritären Regimes in Österreich unter dem Bundeskanzler Engelbert Dollfuß.