Seit Gründung des ersten Kampfbundes (Fascio italiano di combattimento) durch Benito Mussolini im Jahr 1919 entwickelt sich der italienische Faschismus von einer zunächst unbedeutenden politischen Splittergruppe zu einer Massenbewegung. Insbesondere auf dem Land tritt sie als rechtsextreme paramilitärische Organisation auf, die gegen Gewerkschafter, Sozialisten und Mitglieder der katholischen Partei brutal vorgeht.
Unklar bleibt aber, wie sich Mussolini und seine Bewegung an die Macht bringen wollen – durch einen gewaltsamen Umsturz oder auf parlamentarischem Wege. Als Ministerpräsident Facta ankündigt, am 4. November 1922 den vierten Jahrestag des italienischen Siegs im Weltkrieg mit einer großen Demonstration zu feiern, beschließt Mussolini, am 28. Oktober ein faschistisches Parteiheer in Bewegung zu setzen. In drei Kolonnen ziehen seine Schwarzhemden Richtung Rom. Die Extremisten in der faschistischen Bewegung verstehen diesen „Marsch auf Rom“ als Signal für einen bevorstehenden Staatsstreich. Doch für Mussolini dient der „Marsch auf Rom“ eher als Drohkulisse, um eine Übertragung der Regierungsgewalt auf seine faschistische Partei zu erzwingen. Die faschistischen Soldaten, die vor der Hauptstadt Stellung beziehen, sind ohnehin schlecht ausgerüstet und militärisch der römischen Garnison unterlegen.
Mussolinis Rechnung geht auf. Ministerpräsident Facta will den Ausnahmezustand ausrufen, doch König Viktor Emanuel III. verweigert ihm die Unterstützung. Am 29. Oktober wird Mussolini mit der Bildung einer Koalitionsregierung beauftragt, ein Tag später vom König zum Ministerpräsidenten ernannt.
Währenddessen wartet die faschistische Parteiarmee zunehmend frustriert vor den Toren Roms. Um die aufkommende Unzufriedenheit im Keim zu ersticken, lässt Mussolini die Kolonnen am 31. Oktober durch die Hauptstadt marschieren, um die Einnahme Roms durch die Faschisten zu simulieren. Indem sich Mussolini an die Spitze setzt, demonstriert er auch gegenüber seinen neuen Koalitionspartnern seine außerparlamentarische Macht. Der nachträglich gestellte Einmarsch dient auch der Schaffung eines Mythos von der gewaltsamen Eroberung der Macht durch die Faschisten: Der 28. Oktober wird zum Gründungsdatum des faschistischen Regimes erklärt.